Dr. Karl Maria Heinz Kunert
Geb. 25. März 1927 in Sarnau (bei Oppeln in Oberschlesien)
Gest. 06. April 2012 in Köln
Wahlkölner Dr. Heinz Kunert stellte sein Können in den Dienst der Verkehrssicherheit sowie der Verwirklichung sicherer Automobile. Die heizbare Heckscheibe und die außenhautbündige Autoverglasung (Autoglas) zählen zu den prominentesten seiner zahlreichen Erfindungen.
Aufgrund seiner breit gefächerten Kompetenzen als Geisteswissenschaftler, Physiker und Volkswirt schuf er Patente und Lösungen für die unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereiche zur Verbesserung der Lebensqualität Einzelner und Vieler: Dazu zählen u.a. Lebenshilfen für behinderte Menschen wie der Kölner Lichtschreiber und revolutionäre umwelttechnische Innovationen wie das Kölner-Solar-Dioden-Fenster.
Wer kennt Colani - wer Dr. Kunert?
Dr. Kunert ist es, der Colani möglich machte.
Denn erst die von Dr. Kunert entwickelte rahmenlose Automobilverglasung machte sowohl organisch anmutende windschnittige Race-Karossen als auch Panorama-Ausblicke für Familien-Kutschen möglich. Mit Dr. Kunert wurde Glas zum konstruktiven Werkstoff im Automobilbau.
Vom Nutzen der heizbaren Heckscheibe profitieren weltweit Fahrer aller Autoklassen und von beschlagener Rückwärtssicht verschonte Fußgänger und Pfähle. Die heizbare Heckscheibe ist mittlerweile in jedem Fahrzeugtyp so selbstverständlich wie das Lenkrad. Dr. Kunert kam die Idee, als er einen Freund auf seinem Wochenendbauernhof in Nordschweden besuchte. Dort sah er im Schweinestall eine mit Drähten bespannte Glasscheibe als Heizkörper.
Mr. Sekurit: Als Chef von Sekurit (Fahrzeugglas 1968 – 1992) prägte er den Produktnamen weltweit zum Inbegriff von Sicherheit und Qualität. Mehr als 70 Patente, zukunftsweisende Entwicklungen und Produktverbesserungen in den Bereichen Fahrzeugverglasung und Verletzungsschutz sind ihm zu verdanken. In diversen Gremien und auch auf politischer Ebene kämpfte er für den ausschließlichen Einsatz von Einscheibensicherheitsglas (vorgespanntes Glas, das im Bruchfall in stumpfe Krümel zerfällt) sowie Verbundsicherheitsglas (Glasdoppelscheibe mit Folie dazwischen, im Bruchfall bleiben Glaskrümel an der Folie kleben) im Automobilbau. Denn Auffahrunfälle ohne Anschnallpflicht in Autos, ausgestattet mit normalem Fensterglas, haben grausame und zahlreiche tödliche Verletzungen verursacht.
Aufgefallen und von der Glasindustrie umworben wurde Dr. Kunert aufgrund seines Engagements im ministeriellen „Ausschuß für Auto-Sicherheitsglas-Verordnung“ und als Gerichtssachverständiger von Glasunfallschäden. Zudem gründete er mit ministerieller Unterstützung das „Forschungs- und Beratungsinstitut für Verkehrssicherheit“.
Selten noch entspricht ein Zeitgenosse den Anforderungen und Idealen des klassischen, omnipotenten, bereichsübergreifenden Gelehrten wie Dr. Kunert. In Bonn absolvierte er ein Studium der Philosophie, Psychologie und Physik mit Dr. phil. summa cum laude, in Köln ein Studium der Volkswirtschaft und Soziologie. Ganz im platonischen Sinne galt ihm Forschung um der Forschung willen nichts, für ihn ging es schlicht um praktische Lösungsfindung, dort, wo sie gebraucht wurde – unabhängig von Karrieredenken und persönlichem Nutzen. Gesellschaft bedeutete ihm gesellschaftliches Engagement.
So erfand er Lernspiele und Förderhilfen für Kinder mit Lernschwierigkeiten. Mit der serienreifen Entwicklung des Kölner Lichtschreibers eröffnete Dr. Kunert Menschen ohne Arme und Sprachvermögen die Möglichkeit, sich schreibend mitzuteilen.
Das Verfahren: Ein durch Kopfbewegung gesteuerter Lichtstrahl fällt auf eine Buchstabentafel und löst damit die Tastatur einer angeschlossenen Schreibmaschine aus. Die Entwicklungsunterlagen dokumentieren die ersten so geschriebenen Sätze, u.a. den Brief eines achtjährigen Mädchens, das seiner Mutter zum ersten Mal im Leben mitteilen konnte: „Ich hab Dich lieb.“
Die zahlreichen gesellschaftlichen Verpflichtungen, verbunden mit seinem Beruf und seinen sozialen Engagements, waren ihm nicht nur Pflicht, sondern auch Freude. Denn ein aufgeschlossener, geselliger und musikalischer Mensch war Dr. Heinz Kunert allemal: In seinem Haus am Krieler Dom in Sülz hatte und nutzte er für sich und zur Freude anderer zahlreiche Musikinstrumente wie Flügel, Orgel, Akkordeon, Gitarren, Keyboard, Mundharmonika, Dudelsack u.a.
Legendär und hochbegehrt waren seine Einladungen zur Hänneschen-Sitzung in den Kölner Sartory-Sälen. Dort feierte er über Jahrzehnte Karneval im großen Stil.
Bereits Anfang der 90er Jahre, als er in den (Un-) Ruhestand trat, sah er den größten Handlungsbedarf in Anwendungen zur Energieeinsparung und solaren Energiegewinnung in Gebäuden. Mit ungewöhnlichen Materialkombinationen und frappanter Nutzung seines physikalischen Know-Hows entwickelte er neue, patentierte Lösungen in diesen Bereichen, u.a. die warme Fußbodenkachel (ohne elektrische Beheizung) und das Kölner-Solar-Dioden-Fenster.
Das Fenster ist drehbar in einer Spezialrahmung. Es verfügt über eine Winter- und Sommerseite. In Winterstellung absorbiert das Scheibensystem das Sonnenlicht und wandelt es in Wärmestrahlung.
Die Fensterfläche funktioniert wie ein Kachelofen und gibt kostenfrei Wärme in den Raum ab. An sonnigen Wintertagen erreicht die KSD – Innenscheibe bis zu 50° Celsius. Selbst diffuse Lichtverhältnisse am Tag genügen zur Aufheizung der Scheibe. Nachts hält sie die tagsüber gewonnene Wärme im Raum. Das Gefühl „es zieht“ in Scheibennähe ersetzen KSD-Fenster durch angenehme Strahlungswärme.
Mit wenigen Handgriffen ist das Scheibensystem im Rahmen drehbar. Die Sommerseite lässt unerwünschte Wärmestrahlung außen vor: sie wird reflektiert und nach außen abgestrahlt. Die Reduzierung der Sonneneinstrahlung beträgt bis zu 70 %. Dadurch erübrigt bzw. reduziert das KSD-Fenster zusätzliche Abschattungen und energieaufwändige Klimatisierungen.
Sein raffinierter physikalischer Aufbau macht das Kölner-Solar-Dioden-Fenster zum wartungsfreien Sonnenkraftwerk: es senkt Heizenergiebedarf und Kühllast, hebt den Wohnkomfort und ist zudem 100% recylefähig.
Ihrer Zeit voraus: Das Schicksal genialer Menschen ist, der Kurzsicht ihrer Umgebung ausgesetzt zu sein und ebensolche ertragen zu müssen. So hat das Kölner-Solar-Dioden-Fenster zahlreiche Ehrungen erfahren, konnte sich jedoch bislang nicht in der Praxis durchsetzen. Einige seiner Auszeichnungen sind:
Der 25. März 1927 war ein Marienfeiertag: Dr. Karl Maria Heinz kam zur Welt in Sarnau/Oberschlesien. Diesem Tag verdankt er den Namen Maria. Frühzeitig eingeschult, war Heinz seit Quinta stets Klassenbester mit Einser-Noten in Mathematik und Musik. Auch erhielt er Belobigungen mit geldwerten Prämien und Barem. Der groß gewachsene Junge liest schon mit fünf Jahren klassische Literatur und frequentiert die örtliche Volksbibliothek als eifriger Leser. 1944, nach zweijähriger Flakhelferzeit, lässt sich der 17jährige zur Freiwilligenmeldung locken. Er erhält das Abitur mit Unterprima, aus poltischen Gründen wird auch ihm das letzte Schuljahr erlassen. In Erwartung, eventuell noch zur Kriegszeit zum Medizinstudium zu gelangen, bewirbt er sich um die Einberufung als Sanitätsoffiziersanwärter. Heinz Kunert absolviert die dreitägige Eignungsprüfung mit Auszeichnung.
Er kommt zur Frontausbildung nach Görlitz. Beängstigend, aber auch beeindruckend, empfindet er die elitären Einheiten aus Kreisen des preußischen Hoch- und Offiziersadel. Rückblickend erinnerte er sich mit Wertschätzung an die persönlichen Qualitäten dieser Menschen und wertet das Zusammensein mit diesen Einheiten als persönlich prägend. Jedoch mit Grauen erinnerte er sich an die folgenden Einsätze dieser Einheit an der Ost- und in den letzten Kriegstagen an der Westfront: Als Fügung des Schicksals schien die zufällige Verlegung der elitären Einheiten an die Westfront. Damit entkam er der Tage darauf einsetzenden russischen Großoffensive an der Ostfront. Die glückliche Fügung hält an: Nur zwei Tage vor dem Angriff auf Dresden übernachtet er dort im Hauptbahnhof. Als die Bombenflotten kommen, ist er schon wieder ein Stück weiter. Dann ereilt den Transport in Salzwedel das Schicksal von Dresden. Rettende Flucht, verletzt durch ein flammendes Inferno. Am 25. März 1945, seinem 18. Geburtstag, gerät der Unteroffizier Fahnenjunker Kunert nach weiteren Blessuren in Wittenberg an der Elbe in amerikanische Kriegsgefangenschaft, kommt zunächst ins berüchtigte Lager Rheinberg und von dort in das Lager Remagen.
Seine englischen Sprachkenntnisse erweisen sich als Überlebenshilfe. In einer nächtlichen, fast tödlich geendeten Eskapade gelingt ihm die Flucht.
Kunert bewirbt sich bei einem Dutzend Universitäten persönlich. Endlich hat er in Bonn Erfolg. Doch alle Fakultäten sind besetzt. So beginnt er nach drei Monaten mit katholischer Theologie. Dann will er Landwirtschaft studieren – er verspricht es der jungen, blonden Gutsherrin Magdalena in Niedersachsen. Dann folgen das Studium der Philosophie, Physik und Medizin. Letzteres wird ihm durch den Präparierkurs gründlich verleidet. Doch nach nur sechs Semestern hat er die Promotion zum Dr. phil. in der Tasche – summa cum laude, nota bene!
Erfindungsgeist und Organisationstalent sind Eigenschaften, die sein Leben und Beruf bestimmen. Prof. Dr. Erich Rothacker in Bonn erkennt diese Begabung und macht ihn nach zwei Semestern zum Instituts- und Bibliotheksverwalter.
Auf dem Innenhof der Uni macht Heinz Kunert eine alte NSU 125 wieder flott. Dies bringt ihm eine Empfehlung des Professors an das Verkehrsministerium. Er vertritt den Referenten im ministeriellen „Aussschuß für Auto-Sicherheitsglas-Verordnung“ und kommt auf diesem Weg in Kontakt mit der Glasindustrie. Heinz Kunert wird als Gerichtssachverständiger für die Glasindustrie zugelassen. Sekurit-Chef Wedell bietet ihm an, sich für eine leitende Position bei Sekurit zu bewerben, einer Tochterfirma der Vereinigten Glaswerke (VEGLA, später Teil des St. Gobain-Konzerns). Kunert erhält auch Angebote anderer Glasfirmen. Er zögert, denn seine Zukunft sieht er in der Forschung. Auch der ministerielle Beamtenjob reizt ihn wenig.
Gemeinsam mit seinen geistigen Ziehvätern gründet Dr. Heinz Kunert 1952 mit großzügiger Unterstützung des Verkehrsministeriums das „Forschungs- und Beratungsinstitut für Verkehrssicherheit“. Es folgen Forschungsaufträge von Bund und Ländern über die Gestaltung der Autobahnbeschilderung, dem Nutzen unterschiedlicher Leitplankensysteme, Ursachen von Autobahnunfällen aller Art, insbesondere Abkommen von der Fahrbahn, Vergleich der Ampelsysteme Heuer und Siemens, psychologische Studien zum Unfall-Typ.
Dr. Kunert macht den Fahrlehrerschein und den Straßenbahnführerschein bei der Düsseldorfer Rheinbahn, bildet Fahrschüler aus und schreibt mit Frau Dr. Schubert das Buch „Didaktik für Fahrlehrer“, erschienen im Verlag Borgmann, Dortmund. Auf seine Initiative und Gestaltung wird für den Fahrschulunterricht das Unterrichtsfach „Verkehrssicherheitslehre“ verbindlich. Für das TV-Format „Der 7.Sinn“ (Verkehrserziehung) formuliert er: „Hör auf Deine Frau, fahr‘ vorsichtig!“
Die Mithilfe an der Gründung der Deutschen Lufthansa 1952/53 zählte zu den interessantesten dem Institut angetragenen Aufgaben für Dr. Kunert. Staatssekretär Brandt in Düsseldorf übernimmt vom Bund die Organisation und überträgt die Ausbildung der ersten 30 Piloten sowie der ersten 90 Stewardessen dem Institut zur Erstellung geeigneter Anforderungsprofile. Der Krieg hatte viele erfahrene Piloten hervorgebracht. Wer davon für die zivile Luftfahrt geeignet sei, analysierte Kunert. Das Ergebnis: Ein Plus für Nachtflieger, Minus für Jagdflieger. Als am besten geeignet erwiesen sich Bomberpiloten und Piloten der JU52. Von 1000 Bewerberinnen zur Stewardess wurden 120 ausgewählt. Leitbild: „Die Dame des Hauses lädt ein!“ Anforderungen: sicheres, natürliches Auftreten, dezent gepflegtes Äußeres, angenehme Stimme, differenzierte Allgemeinbildung, neben Englisch eine weitere Fremdsprache, möglichst Französisch oder Spanisch und „Stressstabilität“. Zwei Drittel der erfolgreichen Bewerberinnen waren adeliger Herkunft. Es scheint, als habe Dr. Kunert mit diesem Profil den Traum der meist männlichen Fluggäste manifestiert: Das Servicepersonal wurde im Nu „weggeheiratet“. Als er für die Lufthansa auch noch das Geschirr aussuchen sollte, fand er, es sei genug mit der Aufbauhilfe.
1954 erfüllte sich sein lang ersehnter Jugendtraum: Das Verkehrsministerium vermittelte beim Auswärtigen Amt im Rahmen eines Förderprogramms für den verkehrswissenschaftlichen Nachwuchs einen gut dotierten dreimonatigen Studienaufenthalt in der Südafrikanischen Union. Auch eine Offerte des „STERN“ ist da, über die damals junge Union zu berichten.
Die Schifffahrt von Southampton nach Kapstadt erlebt Dr. Kunert mit 700 britischen Krankenschwestern, darunter die persönliche Krankenschwester des Feldmarschalls Montgomery, die ihm viel über die faire Kriegsführung des GFM Rommel erzählt und bemüht ist, die Vielzahl ihrer jungen Kolleginnen von ihm fern zu halten. Auch im Rückblick galt Dr. Kunert der Schachsieg über den britischen Oberst als besonderes Erlebnis: Drei Deutsche sind sie unter all‘ den Briten auf der 14tägigen Reise mit Äquatortaufe und Schachturnier: Drei Tage lang Schach mit psychologischer Kriegsführung des englischen Obristen, der bis zu zwei Stunden für einen Zug beansprucht. Die Britinnen feuerten ihn frenetisch an - bis er Schiffsmeister ist.
Ein Glücksfall: Mit an Bord ist Frau Malan, eine gebürtige Wuppertalerin. Sie ist die Schwiegertochter des burischen Premiers der noch jungen Republik. Sie bringt ihn in langen Gesprächen ihre Wahlheimat, seinem Ziel, näher. Sie lädt ihn ein, zu ihrer Familie und der ihres Schwiegervaters in Stellenbosch und nach Erledigung seines Auftrags auf die Farm ihres Sohns in Namibia.
Die Zeitung „De Burger“ begrüßt ihn mit Bild auf der Titelseite: „Dr. Heinz Kunert, Verkehrssicherheitsexperte aus Deutschland, dem Land der Disziplin, besucht die Union, um bei uns moderne Sicherheitseinrichtungen zu studieren“. Er wird Ehrengast des Deutschen Clubs und überhäuft mit Vortrags-Offerten über den Wiederaufbau Deutschlands.
Im Haus des Ministerpräsidenten trifft sich samstags die burische Ministerriege zum Braaivleis-Essen. Die Einladung des Ministers für Eingeborenenangelegenheiten, Verwoerd, zu einer einwöchigen Tour in die Stammes- und Reservatschulen nimmt Dr. Kunert mit Freuden an. Unvergesslich bleiben ihm die festlichen rituellen Darbietungen und nächtlichen Gesänge. Ein Höhepunkt: Eine weit über 80jährige Stammesfürstin, auf einem mit Leopardenfell ausstaffiertem Thron sitzend, fragt ihn über einen Dolmetscher: „Wie geht es dem Kaiser? Er muß sicher, wie ich, schon sehr alt sein!? Grüßen Sie ihn bitte von mir!“
Es folgen Wochen mit Eisenbahnfahrten kreuz und quer durch Südafrika: nach Namibia, von Windhoek nach Outjo auf die wildreiche Farm der Malan-Verwandten. Auch dort bieten sich Dr. Kunert wieder Gelegenheiten, sein Leben zu lassen: Glimpflich übersteht er einen Schlangenbiss und eine umwerfende Kollision eines wütenden Nashorns mit seinem Auto. Mulmig wird es ihm aber doch, als er mit seinem Begleiter im weiten Gebiet des Etosha-Wildreservates mit dem Auto liegenbleibt. Den US-Dodge randvoll getankt, übernachteten sie kurz vor dem Reservat in einem Zelthotel. Nach 100 Meilen Fahrt geht dann aber, oh Schreck, das Benzin aus. Offensichtlich hatte man ihnen den Sprit aus dem Tank gestohlen. Man hatte ihnen zuvor gesagt: Hier kommt allenfalls einmal im Monat ein Fahrzeug vorbei. Das wussten offenbar auch die Löwen und Hyänen, die sie ab dem zweiten Tag belauerten – über ihnen kreisen auch schon die Geier – und die Wasserkanister sind leer. Doch das Schicksal ist ihm wieder gnädig: Ein Jeep kommt vorbei und stoppt. Ein Mann, offensichtlich ein Wilderer, der sie für Kollegen hält, gibt ihnen Wasser und Sprit für die Heimfahrt. Versonnen stellt Dr. Kunert fest: „Am Lagerfeuer, da kann man Menschen kennen lernen...“
Doch dieses Erlebnis sitzt ihm in den Knochen: er fährt zurück nach Pretoria und Johannesburg, um seine Studien zu beenden. Er will nach Hause. Das Warten auf eine günstige Schiffspassage langweilt.
Vier Wochen ist er Chef einer Autowerkstatt. Dadurch erhält er das Angebot, den riesigen Fuhrpark einer Goldminengesellschaft zu organisieren, bei verlockend hohem Honorar. Doch es soll anders kommen:
In einer Bierstube in Johannisburg lernt er einen Deutschen kennen, der eine Fluglinie vertritt und ihm gegen den Tausch der Schiffskarte einen Rückflug in einer viermotorigen Maschine, der Staatskarosse des letzten britischen Gouverneurs Smuts, verschafft. Guten Flug: Drei Notlandungen legt die Maschine auf dem Weg nach Europa vor, zunächst in Kenia und Khartum/Sudan mit Motorschaden, letzter Notstop auf Malta. Wohlbehalten landet Kunert in Amsterdam.
Zurück aus Afrika, dürstet es ihn nach der turbulenten Zeit nach der Ruhe des Studierzimmers. Dr. Kunert plant, seine universitäre Ausbildung durch ein Zweitstudium zu ergänzen. Denn die Philosophie verhilft zwar zu solider intellektueller Bildung, fördere jedoch nicht gleicher Maßen solide Berufsperspektiven. Er studiert Volkwirtschaft (1958/59). Das Angebot, sich mit einer verkehrswissenschaftlichen Arbeit zu habilitieren, lehnt er ab. Er nimmt das Angebot der inzwischen gegründeten Sekurit Glas-Union GmbH in Köln an, während voll dotierter halbtägiger Tätigkeit als Assistent der Geschäftsführung sein Studium fortzuführen. Eigentlich wollte er das Zweitstudium mit dem „Dr.rer.pol“ abschließen. Doch sein Arbeitgeber rät ab: ein Doppeldoktor gelte für eine Industriekarriere als überzogen.
1958 wird er Assistent der Geschäftsführung der neugegründeten Sekurit Glas-Union GmbH.1962 wird Dr. Heinz Kunert stellvertretender Geschäftsführer, 1968 Geschäftsführer. In seiner mehr als dreißigjährigen Laufbahn entwickelte er rund 70 Patente.
Zu seiner Verabschiedung am 26. März 1992 in der Bonner Redout kamen viele Ehrengäste aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik. Die Festrede hielt der damalige Umweltbundesminister Prof. Dr. Dr. Klaus Töpfer.
„Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine starke Frau“